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Papier – alt bewährt und neu geschätzt

Das digitale Zeitalter verschafft uns überall und jederzeit Zugang zu jeglichen Informationen. Das kann Papier nicht. Papier jedoch hat andere Qualitäten. Warum sonst drucken wir dauernd wichtige Informationen aus? Papier macht Inhalte unveränderbar und lässt sich anfassen, einordnen, sammeln. Papier ist sinnlich und damit ein idealer emotionaler Botschafter. Und dem Leser ermöglicht es, der Hektik der unerschöpflichen Cyberwelt zu entfliehen und sich voll und ganz auf den Inhalt zu konzentrieren.

Papier, das Supermedium

Nachdem Johannes Gutenberg im 15. Jahrhundert seine berühmte Bibel druckte, war das aus China stammende Papier während über 500 Jahren das universelle und alles beherrschende Informationsmedium der modernen Zivilisation. Was gedruckt wurde, war bleibend und damit von grosser Bedeutung. Bibliotheken waren die Grundlage unserer Kultur, der Wissenschaft, des Rechts und der Staatlichkeit. Bis vor rund 200 Jahren konnten weltweit die wenigsten Menschen lesen oder schreiben. Für viele waren Drucksachen daher ein Mythos. Im Laufe der Zeit wurden die Drucktechniken immer ausgefeilter und die Papiere vielseitiger. Papier wurde zum Supermedium, weil es gut und günstig herzustellen war und universelle Eigenschaften für das Beschriften, Bedrucken und später auch Veredeln aufwies.

Der Ursprung der Informationsflut

Als nach dem zweiten Weltkrieg Technologien aufkamen, die Drucksachen preiswerter und bunter machten, sie schneller und in grösserer Auflage herstellen liessen, wurden sie zum ersten globalen Massenmedium. Die heutige Informations- und Papierflut lösten aber die Personalcomputer, Kopiergeräte, Tintenstrahl- und Laserprinter Mitte der 80er Jahre aus. Gedrucktes war fortan nicht per se wichtig und wertvoll, weil die meisten Menschen sich leisten konnten, ihre Botschaften zu vervielfältigen. Seit da gilt es, eine neue Souveränität im Umgang mit Papier zu entwickeln: die Selektionskompetenz und den Mut, loszulassen, Papier nicht mehr als Sammelobjekt zu begreifen.

Papier- und Kartonproduktion 2016

Im Jahr 2016 wurden europaweit nach Schätzungen des Europäischen Papierindustrieverbandes (CEPI) rund 91 Millionen Tonnen Papier und Karton produziert. Der Schweizer Anteil beträgt 1,25 Millionen Tonnen. Der Verbrauch von Papier und Karton pro Kopf der Schweizer Bevölkerung lag im Jahr 2016 bei 144 Kilogramm gegenüber 150 Kilogramm im Vorjahr.

Quelle: Verband der Schweizerischen Zellstoff-, Papier- und Kartonindustrie (ZPK), Jahresbericht 2016

Vom Informationsmedium zum emotionalen Botschafter

Früher waren Drucksachen der Fels in der Brandung und alles, was über Bildschirme flimmerte, wurde als vergänglich und eher unterhaltend angesehen. Heute ist es umgekehrt: Bildschirme liefern den aktuellen Stand der Wirklichkeit – Nachrichten dokumentieren das Geschehen, das Internet präsentiert aktuelle Produkte und Meinungen aus der ganzen Welt. Drucksachen dagegen haben die Rolle der emotionalen Botschafter übernommen, in denen man nach Lust und Laune blättern kann. Alleine schon die Haptik des Papiers vermittelt Werte. Wie sich etwas anfühlt, so wird es auch betrachtet und bewertet. Es sind also neben dem eigentlichen Inhalt die emotionalen Faktoren, die eine Drucksache wertvoll und wichtig machen. Dazu gehören Farbe und Qualität des Papiers, Format und Aufmachung, Typografie und Weissraum der Seiten, Binde- und Falzarten, Lacke, Folien u.a.m.

Drucksachen haben Persönlichkeit

Hochwertige Drucksachen heben sich deshalb auch heute von der Ebene des Profanen ab. Sie werden wahrgenommen und beurteilt wie Gesprächspartner: Aussehen und Anmutung spielen eine ebenso grosse Rolle wie der Inhalt. Damit sind Drucksachen ein phantastisches Medium, um nicht nur Produkte und Dienstleistungen ansprechend darzustellen, sondern auch Ideen und Gedanken sichtbar zu machen. Eine Bühne, auf der Worte Schauspieler, Bilder Kulissen und Farben Scheinwerfer sind.

Paradigmenwechsel

  • Früher: Drucksachen informieren («schwarz auf weiss»), Computer animieren (Multimedia)
  • Heute: Drucksachen motivieren (persönliche Exemplare), Computer informieren und distribuieren (Netzwerke)

Drucksachen versus Computer

  • Drucksachen lassen sich schnell, flexibel und in jeder Auflage kostengünstig herstellen. Deren Konsum ist sinnlich und nicht von etwelchen Geräten abhängig. Drucksachen lassen sich im wahrsten Sinne des Wortes handhaben und deren Inhalte begreifen. Man kann Notizen machen, wichtige Stellen markieren, Wichtiges sammeln und sichtbar aufbewahren – wohl der Hauptgrund, warum viele elektronische Inhalte via Printfunktion aufs Papier transferiert werden. Und schliesslich ist die Aufnahmefähigkeit und Konzentration beim Lesen höher als bei elektronischen Medien.
  • Computer dagegen haben den Vorteil, ihren Datenbestand und ihre Informationen nicht wie Drucksachen unlöschbar auf und an ein Medium binden zu müssen, sondern per Klick und zu jeder Sekunde andere Informationen liefern zu können. Aber mit dem Nachteil, dass sie vom Strom und damit von Endgeräten und deren Einschalten abhängen.

Fazit

Papier ist und bleibt ein Medium, zu dem es keine Alternative gibt. Je schneller und weltumfassender die Computer uns jede gewünschte Verbindung und Information liefern, desto mehr schätzen wir es, wenn wir uns in eine Drucksache vertiefend zurückziehen können. Die unaufhörliche Buntheit der Bildschirme lässt uns den Wert einer ruhigen, weissen, schön gestalteten Seite wieder bewusst werden. Oder wie Valentin Groebner es in seinem Artikel «Träge Materie, rasant beschleunigt» auf den Punkt bringt: «Papier kann, verglichen mit dem Computer, alles Mögliche nicht. Aber eines schon und ganz ausgezeichnet: Es ermöglicht Konzentration.»

 

 

Originalartikel: Die Schweizerische Post AG

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